Verkehrspolitische Wahlprüfsteine zur Kommunalwahl 2024 der Stadt Neustadt an der Weinstraße

 

Der Stadtrat der Stadt Neustadt hat eine Nachhaltigkeitsstrategie mit Zielen bis 2030 verabschiedet. Dazu gehört auch eine Veränderung der Mobilität in Neustadt.

 

Frage 1

 

In der Nachhaltigkeitsstrategie hat sich Neustadt zu folgendem Ziel verpflichtet:

 

„Die Neustadterinnen und Neustadter nutzen das breit gefächerte Mobilitätsangebot mit Schwerpunkten auf dem ÖPNV, der E-Mobilität, Car- und Bike-Sharing Angebote sowie dem Rad und Fußverkehr rege und gern, da es komfortabel, kostengünstig und umweltfreundlich ist.“

(Leitlinie Handlungsfeld 4 Nachhaltige Mobilität)

 

Nach wie vor dominiert in Neustadt der motorisierte Individualverkehr. Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie das definierte Ziel in den verbleibenden sechs Jahren erreichen?

 

Die Antworten der Parteien finden Sie in folgender Reihenfolge:

Freie Wähler, CDU, SPD, B90 / Die Grünen, FDP

 

Freie Wähler

 

Die Ziele, zu denen sich Neustadt in der Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet hat, sind für uns keine leeren Worte. Bereits in den vergangenen Jahren hat unsere Fraktion im Stadtrat, gemeinsam mit der Verwaltung viele Vorhaben vorangetrieben und umgesetzt.

 

Als Beispiele wären zu nennen: Die Taktverdichtung und die Ausweitung der Linien im Busverkehr, die Einführung von Bike-Sharing, der Ausbau von Car-Sharing, sowie nicht zuletzt der Start von MoD (Mobility On Demand), ein Konzept, das bisher bundesweit sonst nur in Großstädten möglich war.

 

Baulich haben wir in den vergangenen Jahren ebenfalls einiges bewegt. So sind immer mehr Bushaltestellen barrierefrei ausgebaut, was vielen mobilitätseingeschränkten Menschen mehr Teilnahme ermöglicht und insbesondere im Hinblick auf den demografischen Wandel sehr wichtig ist, von dem wir in Neustadt noch etwas stärker betroffen sind als viele vergleichbare Städte in der Umgebung. Die Neugestaltung der Wallgasse und des Grünzugs entlang der Festwiese ermöglichen eine sichere und angenehme Ost-West Querung mit Fahrrad und zu Fuß. Mit der Landesgartenschau wird diese Verbindung dann in einer Parkanlage münden womit, für alle nachhaltigen Mobilitätsformen, eine attraktive Verbindung zwischen der Innenstadt und unserem neuen grünen Herz Neustadts entsteht.

 

Auch zukünftig planen wir den Ausbau nachhaltiger Mobilitätsformen fortzuführen. Mit dem Umbau des Bahnhofsvorplatz wurde gerade begonnen, durch eine verbesserte Führung des Busverkehrs und eine attraktivere Gestaltung des Platzes steigern wir auch hier die Qualität des ÖPNV in Neustadt. Beim Bau eines Parkhauses im Osten des Bahnhofs, auf dem ehemaligen Esso-Areal, wird darauf geachtet, dass dieses genug sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder bietet. Dort schaffen wir Platz für Pendler, die per Fahrrad oder Auto ankommen und dort auf die Bahn umsteigen. Durch die Befahrbarkeit des Parkhauses von der Landauer Straße, sowie die direkte Anbindung des Parkhauses an die Fußgängerüberführung, über die Gleise zur Schillerstraße, reduzieren wir außerdem den Autoverkehr vor dem Hauptbahnhof. Eine Ausweitung der Angebote von Car- und Bike-Sharing begrüßen und fördern wir. Weiterhin stehen wir für eine sinnvolle Regulierung von Leih-E-Scootern, damit diese ein Baustein multimodaler Mobilität sein können, ohne andere zu gefährden oder zu behindern.

 

Wir arbeiten an einem umfassenden Parkraumkonzept, das den Parksuchverkehr reduziert und ein faires Miteinander der verschiedenen Ansprüche von Anwohnern, Händlern und Gästen gewährleistet.

 

Wir fördern den weiteren Ausbau von Fahrradachsen, sowohl durch die Kernstadt, wie auch in und zwischen den Ortsteilen. Mehr sichere Abstellmöglichkeiten erleichtern die Nutzung von Fahrrad und Lastenrad als Alltagsfahrzeug. Bei allen Bauvorhaben werden Rad- und Fußverkehr von Anfang an konsequent mitbedacht.

 

Wünschen nach der Einführung von mehr Tempo 30, insbesondere auch in den Weindörfern stehen wir wohlwollend gegenüber, jedoch sind uns dabei von Seiten der Bundes- und Landespolitik enge Grenzen gesetzt. Wo es möglich ist, wie in einigen Teilen Winzingens setzen wir das um. Außerdem möchten wir Durchgangsstraßen bevorzugt auf Tempo 40 reduzieren, um zu verhindern, dass der Verkehr in die Nebenstraßen ausweicht, was passieren könnte, wenn überall gleichmäßig Tempo 30 gilt.

 

Bei allem Gestaltungswillen gilt es für uns immer darauf zu achten, alle Bürger unserer Stadt mit ihren individuellen Bedürfnissen miteinzubeziehen. Von einseitigen Verboten oder Bevorzugung einzelner Lebensmodelle halten wir wenig, für uns gilt es verkehrspolitische Maßnahmen so auszugestalten, dass allen eine faire Teilhabe am öffentlichen Raum ermöglicht wird.

 

 

CDU

 

Die Verkehrswende in einer Stadt mit teils 9 ländlich geprägten Ortsteilen erfordert eine gezielte und angepasste Planung:

 

Folgende Maßnahmen sind dazu geeignet. Vieles davon wurde schon angestoßen bzw. umgesetzt z.B.:

 

1. Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs: Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrsnetzes, um die verschiedenen Ortsteile besser miteinander zu verbinden und attraktiver zu gestalten. Seit dem 11.12.22 laufen die neuen Buskonzessionen für das Linienbündel Neustadt für eine Zeitraum von zehn Jahren. Dabei wurde auch unter dem finanziellen Gesichtspunkt entschieden was ist leistbar und sinnvoll.

 

2. Förderung von Elektromobilität: Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, sowie Schaffung von Anreizen für Bürger, auf Elektroautos oder andere umweltfreundliche Verkehrsmittel umzusteigen. Die Stadt kann dazu beitragen, indem sie die notwendige Infrastruktur bereitstellt.

 

3. Fahrradfreundliche Infrastruktur: Schaffung sicherer Radwege entsprechend der städtebaulichen und topografischen Gegebenheiten. Etablierung von Fahrradparkplätzen, sowie Förderung des Fahrradverkehrs durch Einführung von Leihfahrrädern oder Fahrradverleihsystemen wie es bereits mit Nextbike geschehen.

 

4. Carsharing und Mitfahrgelegenheiten: Förderung von Carsharing-Angeboten und Mitfahrmöglichkeiten, um die Anzahl der benötigten Fahrzeuge zu reduzieren und die Verkehrsbelastung zu verringern. Der Markt für Carsharing und Ladeinfrastruktur ist dynamisch und expansiv. Es stellt dabei auch keine Konkurrenz zu anderen Verkehrsträgern wie MoD oder Bussen dar, sondern bietet eine Alternative zum eigenen Autobesitz. Die Stadt kann dazu beitragen, indem sie die notwendige Infrastruktur bereitstellt.

 

5. Verkehrsberuhigung: Umsetzung von Maßnahmen wie Tempolimits, verkehrsberuhigten Zonen oder Einbahnstraßen, um den Verkehr auch in den Ortsteilen zu reduzieren und die Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer zu verbessern.

 

6. Stärkung des ÖPNV: Schaffung von Umsteigemöglichkeiten zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln, um den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu gestalten.

 

Die erfolgreiche Umsetzung dieser Maßnahmen erfordert eine sorgfältige Abstimmung mit den Bedürfnissen und Gegebenheiten der einzelnen Ortsteile sowie die aktive Unterstützung und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Es ist von zentraler Bedeutung, auf die spezifischen Herausforderungen und Chancen vor Ort einzugehen, um eine nachhaltige Verkehrswende zu realisieren.

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der jedoch nicht allein in der Zuständigkeit der Kommune liegt, sondern vielmehr eine Aufgabe des Landes darstellt, ist die Einstufung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als kommunale Pflichtaufgabe. Dies würde sicherstellen, dass der ÖPNV unabhängig von der jeweiligen Haushaltslage der Kommunen als essenzielle Dienstleistung gewährleistet und entsprechend vom Land finanziell ausgestattet wird. Andernfalls besteht die Gefahr, dass viele Maßnahmen an den finanziellen Grenzen der Kommunen scheitern.

 

Des Weiteren ist es von entscheidender Bedeutung, die verschiedenen Verkehrsformen nicht gegeneinander auszuspielen. Vielmehr sollten Menschen die Freiheit haben, je nach Bedarf und Präferenz zu wählen, wie sie sich fortbewegen und welche Verkehrsmittel sie kombinieren möchten

 

 

SPD

 

Die SPD Neustadt setzt sich dafür ein, dass verschiedene Verkehrsmittel fair miteinander koexistieren. Unser Ziel ist es, ein Mobilitätskonzept für Neustadt zu entwickeln, das die Lebensqualität für alle Einwohnerinnen und Einwohner verbessert, ohne ideologische Vorurteile. Dazu gehört der weitere Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, bei dem wir uns für eine sozial gerechte Preisgestaltung einsetzen. Wir unterstützen die Ergänzung des ÖPNV durch Angebote wie Carsharing, Leihfahrräder und Leihroller wie auch MOD in seinen verschiedenen Erscheinungsformen. Allerdings ist es uns wichtig, dass diese Mobilitätsangebote in die Preisstruktur des ÖPNV integriert sind und keine privaten Monopole entstehen.

 

Für den Rad- und Fußverkehr müssen endlich funktionierende Konzepte entwickelt und umgesetzt werden. Neustadt arbeitet schon viel zu lange an einem Fahrradkonzept, das immer noch nicht vorliegt.

 

Hier sind einige unserer konkreten Vorschläge:

 

- Reduzierung des Parksuchverkehrs durch zentrale Parkmöglichkeiten für Autos und Fahrräder im Rahmen eines Parkraumkonzeptes

- Einführung eines Neustadt-Tarifs im ÖPNV prüfen

- Schaffung von Radwegen, die die Weindörfer miteinander und mit der Stadt verbinden

- Attraktive Radwege zur Anbindung des Weincampus, insb. zu den ÖPNV -Knotenpunkten und zur Innenstadt

- Einrichtung von Fahrradachsen durch die Stadt

- Sanierung von Straßen, Radwegen und Gehwegen

- Tempo 30 in der Stadt

 

 

B90 / Die Grünen

 

Auf Initiative der Dezernentin Waltraud Blarr hat sich die Verwaltung ein Nachhaltigkeitskonzept gegeben, das zumindest in den Zielen verbindlich ist, Mobilität nimmt dabei viel Raum ein.

 

Was wollen wir:

 

Den Modalen Split in Richtung Umweltverbund bis 2030 pushen. ÖPNV von 8 auf 10%, den Radverkehr von10 % auf 15-18% und auch den Fußverkehr um 2% auf 23 % steigern, bei weiterer Reduktion des MIV. Das erreichen wir mit Öffentlichkeitsarbeit und Aktionen: der Organisation einer Critical Mass/ Kidical Mass, Zukunftstage und Mobilitätstage, Parking- Days, Stadtradeln als regelmäßige Aktionen. Wichtig ist dabei die Unterstützung von alternativen Verkehrsverbänden wie VCD und ADFC durch aktive Mitarbeit und Netzwerken, sowie weitere Akteure und Gruppen die sich mit nachhaltiger Mobilität beschäftigen wie Klimaaktion und auch den Umweltschutzverbänden.

 

Wir möchten Alternativen zum Besitz von KFZ etablieren und Fördern. Sharing-Dienste wie Stadtmobil Carsharing wollen wir ausbauen (mehrere Anträge zum Ausbau wurden bisher aus Kostengründen im SR abgelehnt, zuletzt unser Antrag, Carsharing auch in den Ortsteilen zu ermöglichen). On Demand Verkehr wie MOD etablieren (auch regional!) und pushen. Next Bike als stationsbasiertes Fahrradleihsystem auch bei hohen Kosten weiter unterstützen. Auch reglementierte Micromobilität, also Elektroroller (In NW von Zeus) können einen Beitrag leisten.

 

Den Radverkehr überall massiv ausbauen. Radverkehrspolitik ist Angebotspolitik, wir wollen viele Angebote schaffen! Das beginnt mit der gerechten Aufteilung des Verkehrsraums zugunsten der schwächeren Verkehrsteilnehmer wie Radverkehr und Fußverkehr. An allen Durchgangsstraßen soll es begleitend sichere Radwege bzw. Radschutzstreifen geben für die direkten Verbindungen. Bei der Erstellung und Umsetzung eines Radwegekonzepts bringen wir uns ein, nicht nur in NW, auch in der Region. Ein Radschnellweg bzw. eine Pendlerradrouten sollte nicht nur nach Landau, sondern auch Richtung Ludwigshafen und Mannheim etabliert werden, das hilft die Anzahl der Pendler mit dem Kfz zu verringern. Sichere, witterungsgeschützte Fahrradabstellmöglichkeiten, aber mindestens Fahrradbügel brauchen wir fast überall. Vor öffentlichen Gebäuden, an Einkaufsmöglichkeiten, an den Bahnhöfen (das Fahrradparkhaus ohne Dach ist unser Negativbeispiel!).

 

Aber auch in den Wohnblocks der Baugenossenschaften und privaten Investoren, sollen die Fahrräder raus aus Kellern mit Treppen, barrierefrei. Helfen kann eine Stellplatzsatzung, die Radstellplätze massiv fördert. Erschließung der Gewerbegebiete mit sicherer Radinfrastruktur (wir haben das für Neustadt Ost beim Kino und Hornbach immer gefordert), mit dem Rad zur Arbeit. Etablierung und Förderung von Betrieblichen Mobilitätsmanagement, Job Rad, Jobticket oder besser noch ein Mobilitätsbudget für alle Mitarbeiter anstatt nur kostenloser Parkplätze.

 

Ein Problem in der Innenstadt, aber auch in Stadt- und Ortsteilen ist der inzwischen massive Lieferverkehr. In der Fußgängerzone möchten wir die Lieferzeiten verkürzen und Lieferzonen um die Fußgängerzone ausbauen. Alternative Lieferdienste mit Lastenrädern oder kombiniert mit Lieferhubs braucht es auch in Neustadt.

 

Das Parken für Autos wollen wir reglementieren und Parken am Straßenrad massiv reduzieren- Kfz sollen auf private Flächen parken oder auf Parkplätzen und noch besser in Parkhäusern. Parken auf Gehwegen ist jetzt schon verboten, wir möchten, dass die Verwaltung hier endlich sanktioniert. Wenn es keinen weiteren Platz gib, dann ist Parken in diesem Umfeld eben nicht möglich.

 

Die Preise für das Parken am Straßenrand und Plätzen im Freuen soll teurer werden als Parken in den Parkhäusern. Generell möchten wir die Parkgebühren flächendeckend erhöhen, dabei würden wir uns an den anderen Städten der Region orientieren.

 

Die Parkraumbewirtschaftung soll unbedingt ausgeweitet werden, kostenloses Parken im öffentlichen Raum soll ein Auslaufmodell werden.

 

Generell möchten wir weitere Parkplätze umwidmen in Grünflächen, Spielplätze und Platz für Stadtbäume schaffen. Ob hierbei eine feste Prozentzahl wie z.B. jährlich 5% aller Gäste-Parkplätze abzuschaffen, hilft oder eher kontraproduktiv ist, müssen wir noch klären. In den letzten Jahren hat sich jetzt schon die Zahl der Parkplätze reduziert, das war eher schleichend und bedingt durch Bauprojekte oder auch durch die Einhaltung von gesetzlichen Anforderungen.

 

Ein zu schaffendes Parkraumkonzept soll auch dafür sorgen, dass als Parkplätze genutzte Flächen, z.B. Plätze, durch Grünflächen ersetzt werden, siehe Kohlplatz. Alter Turnplatz und Festwiese beim Piratenschiff.

 

Um unsere Klimaschutzvorgaben erfüllen zu können, brauchen wir mehr Elektromobilität. Und dadurch auch mehr Lademöglichkeiten in den Stadt- und Ortsteilen. Zu einer durchgängigen Ladeinfrastruktur gehören Lösungen für das Laden im öffentlichen Raum vor dem Haus oder in der Straße, auch ohne Garage. Dazu auch Schnelllader in der Innenstadt, für Besucher, Kunden und auch die Bewohner.

 

 

FDP

 

Die FDP Neustadt unterstützt Maßnahmen um die Mobilitätswende Realität werden zu lassen. Wir schärfen das Angebot des ÖPNV nach, wenn hierfür konkreter Bedarf besteht und damit das Angebot erweitert werden kann. In den vergangenen Jahren wurden viele Haltestellen modernisiert. Auf dem Bahnhofsvorplatz entsteht ein neuer Mobilitätsknotenpunkt. Dadurch wurde und wird die Attraktivität des ÖPNV erheblich gesteigert.

Mit der Einführung von Mobility on Demand ist eine interessante Mobilitätsalternative für die Bürgerinnen und Bürger entstanden. Dieses Angebot gilt es in den ÖPNV, insbesondere den Busverkehr, besser zu integrieren.

Wir fordern mehr Ladestationen in der Kernstadt und den Weindörfern um die E-Mobilität attraktiver zu machen. Wir bieten Anbietern von Car- oder Bike-Sharing-Angeboten Aufstellflächen in der Kernstadt und den Ortsteilen. Für Radfahrer wollen wir mehr Parkflächen in der Kernstadt und an den Bahnhöfen schaffen.